Asperger
Ja, auch ich bin ein sogenannter hochbegabter „Aspi“.
Die gesicherte Diagnose erhielt ich am 8. Februar 2023
nach einer ganzen Reihe von Untersuchungen einschließlich Intelligenzdiagnostik
an der Autismusambulanz am Bezirksklinikum in Regensburg.
Nein, ich verbringe nicht Tage und Nächte am Computer mit Egoshootern.
Ich bin weder aggressiv noch streitsüchtig, sondern ruhig und zurückhaltend.
Mein Gehirn ist anders verdrahtet als bei 99 Prozent anderer Menschen.
Ich wünsche mir, nicht sofort in eine Negativschublade gesteckt zu werden.
Ich habe eine angeborene Reizfilterschwäche. Das ist keine Krankheit,
kann aber im Alltag eine ganze Reihe von Schwierigkeiten bedeuten,
gerade im Lehrerberuf.
Aber wir Menschen mit Asperger haben auch unsere ausgesprochenen Stärken.
Daraus resultiert wohl meine Vorliebe und besondere Begabung
für die Informatik, das Programmieren
und die Musik.
Was ist Autismus?
Bei mir ist es das hochfunktionale Asperger-Syndrom. Es fällt also im Alltag nicht auf.
Dennoch bin ich oft völlig erschöpft und wie ausgebrannt. Warum ist das so?
Autisten nehmen alles gleichzeitig wahr. Mein Gehirn gibt allen Reizen die gleiche Priorität. Es gibt keine Filter, durch die ich mich automatisch auf das Wesentliche konzentrieren kann. Das bedeutet: Wenn ich mich mit jemandem in einem Raum unterhalte, nehme ich das helle und surrende Deckenlicht, die tickende Uhr und die im Hintergrund laufende Musik auf gleicher Ebene wahr wie das Gespräch. Alles stürmt ungefiltert auch mich ein. Das ist das Anstrengende.
Besondere Fähigkeiten
Ich bin geräuschempfindlich und vertrage die Gesellschaft vieler Menschen nur eine begrenzte Zeit. Danach muss ich mich für längere Zeit erholen. Dennoch habe ich als Mann mit Asperger-Autismus besondere Fähigkeiten. Meine Defizite kann ich mit meiner Hochbegabung ausgleichen. Ich habe einen ausgeprägten Blick für Fehler und bin sehr selbstkritisch und gründlich. Ich erkenne bestimmte Muster, wie etwa Rechtschreibfehler, sofort. Die Abweichungen von der Norm ploppen in meiner Wahrnehmung sofort rot im Text auf.
Ich bin willensstark und arbeite akribisch, sorgfältig und genau. Meinen Hauptberuf als Lehrer an Mittelschulen habe ich immerhin 37 Jahre lang erfolgreich ausgeübt.
Ich habe auch einen sehr ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit, der helfen kann, aber natürlich auch sehr stark belastet. Die wörtliche Aussage eines Schulrats im Jahr 1992 hat sich bei mir eingebrannt: „Es gibt gute Lehrer, und es gibt gut beurteilte Lehrer. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.“ Eine gewisse Einsicht bei manchen Vorgesetzten ist also glücklicherweise vorhanden.
Ich habe es im Berufsleben nie einfach gehabt. Aber immer habe ich nicht zuletzt aufgrund meiner Hochbegabung schließlich gesiegt. Auch wenn es nach außen hin vielleicht nicht so aussah, habe ich mich durchsetzen können.
Ich kann stolz auf das Erreichte sein.